Prozess E: Verbindlichkeit herstellen und Anerkennung zollen
Wenn an der Schule Materialien zusammengestellt und Modalitäten der Durchführung abgestimmt worden sind, muss der Grad der Verbindlichkeit geklärt und kommuniziert werden: Wo bestehen schulinterne Festlegungen und worin liegt der individuelle Spielraum der Ausgestaltung?
- Sollen z. B. bei der kollegialen Hospitation Tandems oder Dreiergruppen gebildet werden oder besteht hier Wahlfreiheit? Sollen die Teams eher abteilungsübergreifend gebildet werden oder aus Fachkollegen bestehen?
- Soll z. B. für den Fragebogen beim Schülerfeedback eine einheitliche Antwortskala verwendet werden, um den Schülerinnen und Schülern den Einschätzungsprozess zu erleichtern?
- Wird z. B. bei der Durchführung eines Führungskräftefeedbacks ein Auswertungsgespräch lediglich empfohlen oder als verbindlicher Bestandteil erwartet?
Klarheit muss auch über die Verbindlichkeit der Durchführung selbst bestehen. Bei QmbS wird erwartet, dass sich jede Lehr- und Führungskraft verbindlich mindestens einmal pro Jahr ein Individualfeedback einholt.
Kontrolle bzw. Rechenschaftslegung und damit verbundener äußerer Druck sind beim IF allerdings nicht zielführend – im Gegenteil: Dadurch kann eine Kette unerwünschter Folgen ausgelöst werden:
- eine halbherzige, rein formale Durchführung
- geringe bis sehr geringe Wirksamkeit
- Beschädigung das Qualitätsinstruments IF – auch bei den Lernenden
Vielmehr sollten beim IF im Rahmen von QmbS immer die folgenden Aspekte im Vordergrund stehen:
- der Gewinn für die individuelle Entwicklung
- der Freiraum in der Gestaltung
- die hohe Eigenverantwortung des Einzelnen
Überzeugung aufgrund eigener und fremder positiver Erfahrungen sollte anstelle von äußerem Druck eine Zunahme der FN und der Feedbackprozesse bewirken.
Damit sich beim Thema IF allerdings nicht Beliebigkeit einstellt, muss vonseiten der Schulleitung eine gewisse Verbindlichkeit hergestellt werden. Die Verbindlichkeit erhöhen können Visualisierungen durchgeführter Feedbacks im Lehrerzimmer, z. B.:
- Eine durchsichtige Vase oder Schüssel füllt sich nach und nach mit Tischtennisbällen.
- Eine Übersicht mit allen Klassen ist deutlich sichtbar aufgehängt: Jedes durchgeführte Schülerfeedback wird evtl. mit Angabe des Monats und der Methode bei der entsprechenden Klasse eingetragen; so wird gleichzeitig sichergestellt, dass sich die Feedbacktätigkeit der Kollegen gleichmäßig auf die Klassen verteilt.
Im Lauf der Zeit kann die Verbindlichkeit gegenüber den einzelnen Lehrpersonen erhöht werden. Bedeutsam ist vor allem die angekündigte Thematisierung des IF im Mitarbeitergespräch. Hier können beispielsweise Fragen zur Einschätzung der Materialien oder zur individuellen Ausgestaltung besprochen werden, während dagegen die Hoheit über die Ergebnisse unbedingt zu respektieren ist.[1]
Eine wichtige Größe bei der Einführung und in der Nachhaltigkeitsphase von IF ist die Resonanz der Schulleiterin bzw. des Schulleiters auf das IF-Verhalten der Kollegen. Denn die Reaktion der Schulleitung auf erwünschtes und auch unerwünschtes Verhalten dürfte für die Etablierung neuer Verhaltensnormen mitentscheidend sein (vgl. Landwehr, 2015, S. 371).
- Kollegen, die den schulinternen Erwartungen nachkommen, erfahren von der Schulleitung Bestätigung und Anerkennung.
- Auch ein Zurückbleiben hinter den Erwartungen muss angesprochen werden.
- Lehrkräfte, die IF über das erwartbare Maß praktizieren oder sich in Vorreitergruppen engagieren, verdienen eine explizite Würdigung ihres Einsatzes.
[1] Keller (2018, S. 366) fordert die Thematisierung von Feedbacks im Mitarbeitergespräch, wobei die Person Auskunft darüber geben sollte, „wann, wie und bei wem sie Feedback eingeholt hat und welche Konsequenzen sie daraus zieht.“