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Der Weg zur Feedbackkultur

Wird IF an einer Schule jahrelang lebendig gehalten und von einer zunehmenden Zahl an Lehr- und Führungskräften praktiziert, verliert es den Geruch des Neuen, Ungewohnten und wird allmählich im Kollegium und in der Schülerschaft zur Selbstverständlichkeit:

Die Beteiligten werden offener gegenüber konstruktiven Verbesserungsvorschlägen auf der Sach- bzw. Handlungsebene, Rückmeldungen werden zunehmend freier und im persönlichen Gespräch gegeben im Vertrauen darauf, dass der FN sie aufgeschlossen aufnimmt im gemeinsamen Bemühen um eine Qualitätsverbesserung; und das Mitteilen subjektiver Einschätzungen wird häufiger dem Gegenüber auch ohne Aufforderung – vorsichtig und mit Bedacht – angeboten.

Eine solche Entwicklung braucht Zeit – und entsprechend erfordert es Geduld, bis ein kultureller Wandel an der Schule einsetzt, der idealerweise in eine sog. Feedbackkultur mündet: Feedback ist dann in den tiefer liegenden Ebenen der Werte und Grundannahmen im Gesamtkollegium kulturell verankert. Nach Landwehr (2015, S. 381 f.) meint Feedback als Kulturphänomen:

„Eine qualifizierte Feedback-Praxis ist an der betreffenden Schule Teil des kollektiven beruflichen Selbstverständnisses. Es ist demnach nicht nur selbstverständlich, dass man sich gegenseitig Rückmeldungen gibt, sondern auch, dass sich bestimmte kollektive bzw. gegenseitige Ausführungserwartungen etabliert haben: beispielsweise die Erwartung, dass man Rückmeldungen in einer bestimmten Regelmäßigkeit einholt und sich ernsthaft und selbstkritisch mit den Inhalten der Rückmeldung auseinandersetzt.“[1]

Der Begriff „Feedbackkultur“ bezeichnet also eine ideale, anzustrebende Feedback-Praxis. Der zugrunde liegende, unscharfe Begriff „Kultur“ bezieht sich dabei, wie angesprochen, auf unbewusste und für selbstverständlich gehaltene kollektive Werte und Grundannahmen:[2]

  • Sie steuern beobachtbares Verhalten unsichtbar.
  • Sie prägen die Wahrnehmung und Deutung der Wirklichkeit.
  • Sie stiften den Mitgliedern der kulturellen Gemeinschaft soziale Identität.
  • Sie sind ursprünglich, insbesondere in der Frühphase der Organisation, in verschiedenen Lernkontexten der Gemeinschaft erlernt worden.
  • Sie haben sich von diesen Lernkontexten zunehmend abgelöst und verselbstständigt.
  • Sie sind ziemlich stabil, sodass eine Etablierung neuer Normen schwierig ist.

Deshalb sind die Anbindung des Neuen an die bestehende Kultur und das oben beschriebene „Umlernen“ (vgl. Prozess A) wichtige Größen: Die Weichen für einen kulturellen Wandel müssen von Anfang an richtig gestellt werden – und zwar individuell in jeder Schule. Denn Verhaltensvorgaben wie solche zum Individualfeedback müssen im Einklang mit den an der Einzelschule herrschenden kollektiven Grundannahmen stehen, damit sie dauerhaft wirksam sein können.

Die oben gegebenen Empfehlungen zur Implementierung und zur Nachhaltigkeit von IF können nicht die Entwicklung hin zu einer Feedbackkultur an der jeweiligen Schule garantieren. Aber sie eröffnen gute Aussichten für eine nachhaltige Feedback-Praxis, bei der die Mitglieder der Schule aus Überzeugung die Chance des IF nutzen und so einen wertvollen Beitrag zur Qualitätsentwicklung der Schule insgesamt leisten.


[1] Zur kulturellen Verankerung des Feedbacks siehe ausführlich den entsprechenden Abschnitt bei Landwehr (2015,  S. 376 ff.).

[2] Der Kultur-Begriff wird in unterschiedlicher Bedeutung verwendet: In den Begriffen „Feedbackkultur“, „Evaluationskultur“ oder „Qualitätskultur“ hat er normativen Charakter und bezeichnet einen angestrebten Idealzustand, während der Begriff „Kultur“ an sich und in Zusammensetzungen, die auf soziale Systeme verweisen, z. B. „Schulkultur“ oder „Unternehmenskultur“, deskriptiv verwendet wird.

Zum Kulturbegriff siehe ausführlich den entsprechenden Abschnitt bei Landwehr (2015, S. 377 ff.) sowie die Seite Beitrag des SQV-Prozesses zur Schulkultur.