3 Länder – 3 Bildungssysteme – 1 Ziel: Vertrauen stärken, Vernetzung fördern
Seit 2019 arbeiten Institutionen aus Italien, Österreich und Deutschland unter dem Thema „Gespräche zur Schulentwicklung“ zusammen. Initiiert wurde diese Veranstaltungsreihe in Südtirol. Die erste Tagung fand 2001 in der Fortbildungsakademie Rechtenthal in Tramin statt.
Die Kooperationspartner, bestehend aus dem Institut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB, München, Deutschland), der Pädagogischen Hochschule Tirol (PHT, Innsbruck, Österreich) und der Pädagogischen Abteilung der Deutschen Bildungsdirektion in Südtirol (Bozen, Italien), organisieren im jährlichen Rhythmus internationale Veranstaltungen, die sich als Diskussionsforen zu fachlichen Themen der Schulentwicklung verstehen.
Die verschiedenen Akteure (Schulleitungen, Lehrkräfte, Unterstützungssysteme, Schulaufsicht) mit ihren je unterschiedlichen Blickwinkeln tauschen hier ihre Erfahrungen zu Fragen der Schulentwicklung aus. Im Rahmen dieses Kooperationsprojektes weitet die Zusammenschau auf allen Systemebenen über die Ländergrenzen hinweg den professionellen Blick auf eine innovative Zukunftsgestaltung im Bildungsbereich.
Kooperationskultur stärken – Schule gemeinsam entwickeln
Wie kann Schulentwicklung durch Kooperation gelingen und gestärkt werden? Auf diese Frage galt es bei den Münchner Gesprächen zur Schulentwicklung im April 2024 eine Antwort zu finden. Die vom Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, der Pädagogischen Hochschule Tirol sowie der Pädagogischen Abteilung der Deutschen Bildungsdirektion in Südtirol in Kooperation organisierte Tagung bot dazu ein vielfältiges Programm auf.
In einer inspirierenden Umgebung, dem Tagungshaus der IHK Akademie Feldkirchen-Westerham, eröffnete Dr. Katrin Hinzdorf mit ihrer Keynote zum Thema „Kooperative Führung – ein wertvolles Konzept für erfolgreiche Schulentwicklung?!“ die Veranstaltung. Ihre Darstellung verschiedener Organisationsmodelle und daraus resultierender Führungskonzepte fand große Zustimmung beim Publikum, was eine gemeinsame Grundlage für weitere Diskussionen schuf.
Die anschließenden Vorträge und Workshops präsentierten vielfältige Ansätze und Erfahrungen aus der schulischen Praxis, darunter das erfolgreiche Modell der Eichendorff-Mittelschule Erlangen, welches im Jahr 2023 mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet wurde. Für Österreich stellten Birgit Streit, Angelika Auer und Simone Mende das in Kooperation mit verschiedenen Playern entstandenes Projekt „Lehrer:innen-Gesundheit“ vor. Sie hoben hervor, welche große Bedeutung dem Prozess des Aushandelns und der Einigung auf gemeinsame Ziele zukommt. Als Dritte präsentierten die Südtirolerinnen Veronika Frick und Edith Hochgruber die Initiative „Wege in die Bildung 2030 – guter Unterricht in der inklusiven Schule“.
Die Teilnehmer hatten die Möglichkeit, in Kleingruppen zusammenzuarbeiten und ihre Erkenntnisse in einer interaktiven Diskussionsrunde auszutauschen. Themen wie die Motivation von Lehrkräften und die inklusive Bildung wurden dabei kontrovers diskutiert und beleuchtet. Ein besonderes Highlight bot das Abendprogramm, bei dem die Teilnehmer in einer mitreißenden Trommelsession gemeinsam aktiv wurden.
Am zweiten Tag referierte Prof. Dr. Joachim Bauer über „Gesundheit am Arbeitsplatz bewahren, Erschöpfung (Burnout) vermeiden: Kooperation und gute Führung aus neurowissenschaftlicher Sicht“. Sein Vortrag sensibilisierte für die neurobiologischen Grundlagen des Motivationssystems und erhielt großen Applaus.
Ein herzliches Dankeschön gilt dem gesamten Organisationsteam aus allen drei Ländern. Der Staffelstab für die im nächsten Jahr folgenden Rechtenthaler Gespräche zur Schulentwicklung wurde als Abschlussimpuls an das Team aus Südtirol übergeben.
Kooperation braucht Kommunikation – Austauschrunde unter den Teilnehmenden
Mitglieder des Organisationsteams der drei Institutionen
Rückblick auf die Innsbrucker Gespräche zur Schulentwicklung 2023
Illustriertes Protokoll zur Tagung am 20. April 2023
Mitten in den Bergen
Mitten in den Bergen starteten die Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmer in zwei Tage Impulse und Gespräche rund um das Thema „Grenzen“.
Zitat Klaus Schneider (Pädagogische Hochschule Tirol):
Wir schauen mit gelingendem Blick auf Grenzen - mit dem Blick des Möglichen: Was geht trotz, gerade wegen der Grenzen?
Grenzen & Erkenntnistriade
Als roter Faden, der die gedankliche Auseinandersetzung mit dem Tagungsthema über zwei Tage hin begleitete, diente die Erkenntnistriade „wahrnehmen – denken – handeln“.
Grußworte
Regine Mathies (Rektorin der Pädagogischen Hochschule Tirol), Gertrud Verdorfer (Direktorin der Pädagogischen Abteilung, Deutsche Bildungsdirektion Bozen) und Anselm Räde (Direktor des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung München) begrüßten die Tagungsgäste u. a. mit persönlichen Grenz-Assoziationen:
R. Mathies: „Wer mit Grenzen umgeht, lernt Handlungsspielräume auszuloten.“
G. Verdorfer: „Wer trotz Grenzen handlungsfähig sein möchte, weiß, dass Fragenstellen und Austausch wichtig sind.“
A. Räde: „Wer Grenzen erkennt, kann an Grenzverschiebungen arbeiten und dabei erkannt man evtl., wie furchtbar es wäre, wenn es keine Grenzen gäbe!“
Vor Grenzen stehen – mit Grenzen umgehen
PD Dr. med. Dr. phil. Alfried Längle (Wien) unternahm eine gedankliche Reise, die das Problem, aber gerade auch den Wert von Grenzen beleuchtete. Gedanken, Zitate aus dem Vortrag:
Es gibt so viele Grenzen, Grenzen der Erschöpfung, der Sättigung, einer Oberfläche – aber was ist der Inhalt?
Es gehört zur Kunst des Lebens, auf das Bild zu schauen und nicht auf den Rahmen!
Grenzen treten auf als ... Chance, Behinderung, Last, Schutz, Entlastung, etwas Verschiebbares oder etwas, das erkannt, benannt, akzeptiert oder auch abgelehnt werden kann / muss.
Wo Grenzen sind, endet etwas Altes und etwas Neues beginnt. ... etwas anderes ist nun dran!
„Ich kann das nicht!“ Vielleicht steckt dahinter kein Problem, sondern eine Erkenntnis von Sättigung. Damit stellt sich die Frage: Wovon bin ich satt?
Denk- & Gesprächsräume
Mit welchen „Grenzen“ setze ich mich derzeit in meinem Berufsfeld auseinander? Welche Impulse hat der Vortrag mir gegeben, mit diesen Grenzen konstruktiv umzugehen? Und: Was könnte ich dazu beitragen, um in einem Grenzbereich einen Handlungsspielraum zu gestalten?
Nach dem Impulsvortrag lernten sich die Tagungsgäste gegenseitig kennen, indem sie sich zu diesen drei Fragen in drei Gesprächsrunden intensiv austauschen konnten.
Impulse aus der Praxis
Der Nachmittag des ersten Tages gehörte Praxisbeispielen und anschließenden Denkräumen mit den Referentinnen und Referenten zu drei Themen:
- Sigrun Falkensteiner und Gustav Tschenett berichteten von ihren Erfahrungen zu gutem Unterricht an der inklusiven Schule;
- Georg Schlamp zeigte, dass Künstliche Intelligenz in der Schule nicht zu einem KO durch KI, sondern einem Aha-Erlebnis führen kann;
- Christina Nigg beleuchtete Herausforderungen und Handlungsoptionen in der Schulentwicklungsberatung.
Dancing with Limitations
„Man soll dem Körper etwas Gutes bereiten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen“ (Winston Churchill)
Der zweite Tag näherte sich den „Grenzen“ aus dem Blickwinkel der Embodied Cognitive Science. Erik Winter, Trainer für Embodiment, ließ die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre persönlichen Grenzen in praktischen Übungen erfahren und miteinander reflektieren:
Wie fühlt es sich an, mit „seinem“ Thema, das eine Herausforderung, vielleicht sogar Grenze darstellt, im Raum spazieren zu gehen? Kann man es abgeben, vermisst man es, was macht das Loslassen mit einem? Die Dynamik der Übung war für alle im Raum deutlich spürbar!
Trotzdem ... und JETZT gerade deswegen
Nach erneuten Austauschrunden in länderinternen Denkräumen endete die Tagung am Nachmittag des zweiten Tages. Nun heißt es vom Wahrnehmen und Denken ins Handeln zu kommen und die Impulse aus der Tagung in die Bildungslandschaft zu tragen.
Die Wolken waren verschwunden und die Sonne strahlte zum Tagungsende bereits aus Richtung Bayern. Ein Zeichen für 2024, denn die Länderkooperation geht in eine zweite Runde. Als Gastgeber begrüßt dann das Institut für Schulqualität und Bildungsforschung zu den „Münchner Gesprächen zur Schulentwicklung“.
Rechtenthaler Gespräche zur Schulentwicklung
Die 10. Rechtenthaler Gespräche zur Schulentwicklung konnten vom 28. April bis 29. April 2022 das erste Mal nach der Pandemie wieder in Präsenz stattfinden.
An zwei Tagen tauschten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer rund um das Thema „Lernen für die Zukunft. Entwicklung erfahren – verstehen – reflektieren“ aus. Hier erhalten Sie ein paar Impulse aus der Tagung.
Ankommen bei strahlendem Sonnenschein
Schloss Rechtenthal empfing die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Donnerstagmorgen bei strahlendem Sonnenschein.
Dank der hybriden Tagungsgestaltung konnten sich an den 10. Rechtenthaler Gesprächen zur Schulentwicklung über 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland, Italien, Österreich und der Schweiz gemeinsam zum Thema „Lernen für die Zukunft – Entwicklung erfahren – verstehen – reflektieren“ austauschen.
Zitate aus Grußworten
Gertrud Verdorfer (Direktorin der Pädagogischen Abteilung, Deutsche Bildungsdirektion)
„Aus den Herausforderungen heraus überlegen, was bedeutet dies für Schule und Bildung? Was ist uns wichtig? Hier steht das Kerngeschäft, der Unterricht, im Zentrum!“
Anselm Räde (Direktor des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung)
„Wir stecken noch mitten im Lernen aus der Pandemie. [...] Vernetzung, personalisiertes Lehren und Lernen, eine veränderte Lehrerrolle - die Herausforderungen sind vielfältig.“
Rudolf Meraner (Direktor a.D. der Pädagogischen Abteilung, Deutsche Bildungsdirektion)
„Wir können viel voneinander lernen, wenn wir andere Blickwinkel einnehmen.“
„Alte Systeme treffen auf neue Erkenntnisse“
Was hat der Körper mit Lernen und Denken zu tun? Emily Poel nahm die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit auf die Reise zu "Embodied cognition".
Gedankenimpulse:
„a little bit goes a long way“
„Interozeption führt zu Selbstregulierung“
„Den Körper wahrnehmen zu lernen, ist wie eine Sprache zu lernen“
Keynote: "Geht nicht, gibt's nicht!" (Prof. Dr. Hans Anand Pant)
„Geht nicht, gibt's nicht – Merkmale von innovativen, kreativen und heterogenitätsgerechten Schulen“ .
In seiner Keynote machte Prof. Dr. Pant die Zuhörinnen und Zuhörer mit "vier Webfehlern" im aktuellen Schulalltag bekannt:
„Meine These: Der Alltag in unseren Schulen ist durch 4 innovationshinderliche Primate gekennzeichnet, das heißt durch fälschlich als "alternativlos" betrachtete Vorrangstellungen im Denken und Handeln. Diese Primate, die ich Webfehler nenne, überlagern und bedingen sich zum Teil und haben zusammen genommen eine äußerst problematische Wirkmacht gegen Innovationen.“ (Zitat aus dem Vortrag vom 28.4.22)
Webfehler: Überbetonung der Schule als Lernort – Fokus auf Noten und Prüfungen – Vernachlässigung fächerverbindlicher Lehr- und Lernsettings – Vereinzelung bei Vorbereitung und Gestaltung von Unterricht.
Austausch analog und digital
Der Austausch zu den einzelnen Impulsvorträgen fand über ein Onlineboard statt, um alle Tagungsgäste zu erreichen und Gespräche auch im digitalen Raum zu ermöglichen.
Dalton-Pädagogik – ein Impuls aus der Praxis
„Beziehungsarbeit ist das WICHTIGSTE überhaupt“
Martin Wüller, Schulleiter des Gymnasiums Alsdorf zeigte anhand des konkreten Schulentwicklungsprozesses am Gymnasium der Stadt Alsdorf wie Schule neu gedacht werden kann. Die Schule setzt dabei auf die sogenannte "Dalton-Pädagogik".
Kompetenzerwerb der Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt gerückt
Michaela Dorfmann, Schulführungskraft aus dem Schulsprengel Meran setzt auf Innovationen in der Grundschule und diese stellte sie dem Publikum vor.
- „Mut, unkonventionelle Wege zu bestreiten“, gehört dazu, wenn man Kompetenzerwerb nach aktuellen Gesichtspunkten in der Praxis anbahnen will.
- „Nach innen verstärken und ermutigen“ – die Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden trägt maßgeblich dazu bei, ob ein nachhaltiges Lernen stattfinden kann.
- „Mut haben, Entscheidungen zu treffen“ – nur wer sich ein Ziel setzt, kann sich auch richtig auf den Weg machen!
Im Austausch bleiben!
Eine Empfehlung, die in der Podiumsdiskussion von den Referentinnen und Referenten immer wieder gegeben wurde, lautete: „Bleibt im Austausch!“
Ganz in diesem Sinne endete der erste Tagungsabend mit einer Führung durch das malerische Tramin mit abschließender Besichtigung einer Kellerei.
Agile Führung für die Schulen der Zukunft
„Wenn man etwas verändern will, braucht es Führung“ – Boris Gloger brachte zusammen mit seiner Mitarbeiterin, Anna Czerny, am zweiten Tagungstag den Teilnehmerinnen und Teilnehmern das Thema "Agile Führung" näher. Impulse aus seinen Ausführungen:
- Aufgaben von Führung: Orientierung und Schutz
- „Start with why!“ (Simon Sinek)
- Widerstand ist eine Form von Nicht-Können
- Wer agil arbeitet, arbeitet am DÜRFEN
- „Mache etwas fertig, bevor du etwas Neues anfängst!“ und „Wenn Sie weniger machen, kommt mehr dabei heraus!“
- Jeder Mensch führt sich selbst!
Rechtenthal verabschiedet sein Tagungspublikum mit Sonnenschein
„Lernen für die Zukunft – Entwicklung erfahren – verstehen – reflektieren“. Die 10. Rechtenthaler Gespräche zur Schulentwicklung gaben zahlreiche Impulse, die zum Nachdenken, aber auch Ausprobieren anregen. Mit einem Koffer voller Ideen ging es für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Nachmittag des zweiten Tages zurück in die Schulpraxis bzw. zunächst in ein wohlverdientes, sonniges Wochenende!
Das Organisationsteam bedankt sich bei seinem Tagungspublikum für den anregenden Austausch und freut sich auf ein Wiedersehen im April 2023 in Innsbruck!